In der Homöopathie misst man der Individualität eines jeden Menschen höchste Bedeutung bei. Zwei Patienten, die an der gleichen Krankheit leiden, bekommen höchstwahrscheinlich verschiedene Arzneimittel. Wichtig für den Homöopathen ist nicht so sehr die Krankheit, an welcher der Patient leidet, sondern die Art und Weise, wie er seine Krankheit ausdrückt.
Um für jeden Menschen und jedes Symptom das richtige Mittel zu finden,
ist eine gründliche und ausführliche Fallaufnahme erforderlich. Diese dauert bei einer Erstkonsultation eines Erwachsenen ca. zwei Stunden,
bei einem Kind ca. eine Stunde.
Bei diesem ersten Gespräch müssen sowohl vergangene und gegen- wärtige Befindlichkeiten des Patienten, als auch diejenigen seiner näch- sten Angehörigen in Betracht gezogen werden. Ebenso wichtig für eine
umfassende Fallaufahme ist die Kenntnis des Charakters und Naturells des Patienten, seiner Vorlieben und Abneigungen, sowie der Umstände, unter denen sich sein Leiden verbessert beziehungsweise verschlimmert.
Nach der Fallaufnahme werden in Abwesenheit des Patienten die auffal- lenden, ungewöhnlichen und für den Patienten charakteristischen Be- schwerden und Eigenschaften herausgearbeitet und repertorisiert (d.h.
in einem Symptomverzeichnis nachgeschlagen). Durch diese oft sehr zeitaufwändige Arbeit lässt sich aus der Vielzahl der homöopathischen Arzneimittel dasjenige finden, das dem Patienten in seinem jetzigen Zustand am ähnlichsten ist. Er bekommt jeweils nur ein einziges Mittel. Dieses Mittel erhält er in der kleinstmöglichen Dosis.
Nach ca. sechs bis acht Wochen, bzw. je nach Krankheit und Zustand des Patienten, erfolgt eine Folgekonsultation, um den Behandlungsverlauf zu beurteilen. Es wird in diesem Gespräch festgestellt, ob die Mittelwahl korrekt war, wie der Patient auf das Mittel reagiert hat und ob das Mittel wiederholt oder gewechselt werden muss. Eine Folgekonsultation dauert
in der Regel 30 bis 60 Minuten.
Die homöopathischen Arzneien werden als feste Arznei in Form von Globuli (Kügelchen) oder als flüssige Arznei in Form von Tropfen eingenommen. Die Einnahmehäufigkeit, die Dauer der Einnahme und die Dosierung des Mittels werden individuell festgelegt.
Die Heilung erfolgt nach klaren Gesetzmässigkeiten. Sie verläuft von innen nach aussen, d.h. vom Körperzentrum zur Peripherie. Zuerst wird sich der Patient psychisch besser fühlen, dann bessern sich die Beschwerden der lebenswichtigen Organe (z.B. Symptome von Herz, Leber, dann Symptome
von Lunge, Niere) und zuletzt werden sich die Krankheiten der "weniger wichtigen" Organe bessern (z.B. Gelenkbeschwerden, Symptome an der Haut).
Die Heilung verläuft von oben nach unten. So heilt ein Hautausschlag zuerst am Kopf, dann vertschwindet er in der Bauchregion und zuletzt an den Beinen. Ebenfalls verläuft die Heilung in umgekehrter Reihenfolge des Entstehens. Krankheiten, die man erst seit kurzem hat, verschwinden zuerst, solche an denen man seit längerem leidet, bessern sich erst später.
Nach der Mitteleinnahme kann es bei der Behandlung chronischer Erkran- kungen zu einer sogenannten Erstverschlimmerung oder Erstreaktion kom- men. Hierbei verstärken sich die bereits vorhandenen Beschwerden vo- rübergehend. Meist ist diese Verschlimmerung der Symptome von kurzer Dauer.
Sie ist harmlos und als gutes Zeichen zu werten. In der Regel erfolgt daraufhin eine deutliche Besserung der Beschwerden.
Es können sich auch alte "unterdrückte" oder nicht ausgeheilte Symptome wieder zeigen. Dieses Wiederaufflackern von alten Beschwerden stellt
ebenfalls ein positives Zeichen dar. Die Beschwerden werden von unse- rem Körper sozusagen rückwärts aufgearbeitet. Auch möglich sind Aus- scheidungsreaktionen wie z.B. Durchfall, vermehrtes Schwitzen und Wasserlösen, Schnupfen, Hautausschläge oder Fieber. Diese Ausschei- dungsreaktionen dienen der Entlastung des Gesamtorganismus. Prin- zipiell bedeuted das Auftreten einer Erstreaktion immer ein positives Zeichen und sollte unter keinen Umständen weder mit konventionellen Methoden, noch homöopathisch behandelt werden.